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CARCASS: Torn arteries

CARCASS – oft totgesagt, oft wieder gekommen  – die britischen Metzler melden sich acht Jahre nach “Surgical Steel” mit “Torn Arteries” zurück. Das Coverartwort – esst mehr Gemüse! – ist gelungen, die Produktion ist derjenigen von “Surgical Steel” nicht unähnlich. Schon nach den ersten Sekunden des Titeltracks ist sonnenklar, dass hier  nur die Death Metal-Walze vom CARCASS am Werk sein kann. Alles im Blutgefäss, oder?

Nur was für schwedische Schnaxelschönlinge?

Die erste Diskussion, die sich stellt, ist natürlich, ob man eigentlich abgesehen von drei Alben aus der Menge der ersten fünf Alben ein neues CARCASS-Album gut finden darf, wenn man kein ARCH ENEMY-hörender schwedischer Schnaxelschönling ist. Bei “Torn Arteries” darf die Frage getrost auch für Menschen ausserhalb dieser Zielgruppe bejaht werden. Klar, die Produktion von “Torn Arteries” befriedigt moderne Bedürfnisse, doch allzu sehr ins plastikgewordene Limiterparadies driften CARCASS auch 2021 nicht ab. Der Gitarrensound klingt mehr nach “Surgical Steel” als nach “Reek of Putrefaction”, aber die Riffs der Briten sind noch immer bissig und walzen alles nieder. Genüsslich zelebrieren sie im Titeltrack perfektes Timing und flitzeschnelle chromatische Gitarrenleads, das einem fast schwindlig wird. Alterserscheinungen sind also lediglich im positiven Sinne im technischen Bereich auszumachen. 

“Heartwork” kommt nicht wieder

Obwohl gelungene Songs wie “Under the scalpel blade” durchaus “Heartwork”-Allüren und Hitpotential haben, so ist “Torn Arteries” kein zweites “Heartwork”. Aber: Könnte dies überhaupt erreicht werden? AT THE GATES werden “Slaughter of the Soul” auch kein zweites Mal schreiben, aber sie haben ihren Signature-Sound für ewig gefunden. Dies haben auch CARCASS geschafft, und anders als die Göteborger Melodic Death Metal-Legende müssen sie ihren Sound nicht gegen Horden von Metalcorelern verteidigen. CARCASS bleiben CARCASS – wer der Band  die Weiterentwicklung vom dubiosen Hinterhof-Organklauer-Pathologen zum gediegenen Salon-Hannibal Lecter-würdigen Präzisionschirurgen gönnt, dürfte an “Torn Arteries” definitiv seine helle Freude haben. Flottes Album, das auch vor einigen Ecken und Kanten nicht zurückschreckt!

Veröffentlichungsdatum: 17.09.2021

Spieldauer: 49:00

Label: Nuclear Blast

Website: https://carcass.bandcamp.com

Line Up

  • Jeff Walker – Bass, Vocals
  • Bill Steer – Gitarren, Vocals
  • Daniel Wilding – Drums, Vocals
  • Gastmusiker
  • Per Wiberg – Orgel, Piano
  • Fredrik Klingwall – Keyboards

CARCASS “Torn Arteries” Tracklist

01. Torn Arteries
02. Dance of Ixtab (Video bei YouTube)
(Psychopomp & Circumstances March No. 1)
03. Eleanor Rigor Mortis
04. Under The Scalpel Blade
05. The Devil Rides Out
06. Flesh Ripping Sonic Torment Limited
07. Kelly’s Meat Emporium (Video bei YouTube)
08. In God We Trust
09. Wake Up And Smell The Carcass /Caveat Emptor
10. The Scythe’s Remorseless Swing (Video bei YouTube)

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(DOLCH): Single “Tonight”, neues Album “Nacht” & Konzerte in Berlin & Dresden

(DOLCH) stellen ihren neuen Song “Tonight” mit einem Video bei YouTube vor.

Gleichzeitig hat das Post Black Metal-Projekt weitere neue Musik angekündigt: Das Album “Nacht”, Nachfolger des 2019er Albums “Feuer“, soll am 4. Februar 2022 veröffentlicht werden, zuvor erscheint am 18. Oktober 2021 die EP “Tonight”.

Im Oktober 2021 sind (DOLCH) außerdem auf Tour und spielen unter anderem in Berlin und Dresden.

16.10.21 DE Berlin Wolf City / Kantine am Berghain
18.10.21 DE Dresden Chemiefabrik
19.10.21 CZ Prague Klub007
20.10.21 AT Linz Kapu
21.10.21 HU Budapest red hell / blue hell
22.10.21 PL Krakow HOL
23.10.21 PL Warsaw Hydrozagadka
24.10.21 PL Poznan U Bazyla

 

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PROPHECY-FEST 2021: 25 unheimlich-emotionale Jahre

Es ist der 10.09.2021, fünfundzwanzig Jahre und ein paar Zerquetschte nach der Entdeckung von Heavy Metal durch den kleinen Andi Holz. Es ist früher Nachmittag im Sauerland, nicht einmal 100 Kilometer von seinem Zuhause entfernt und er steht in einer uralten Höhle und sieht SUN OF THE SLEEPLESS dabei zu, wie sie mit ihrem nostalgischen, leidenschaftlichen Black Metal den Metal-Part des PROPHECY FEST 2021 eröffnen, eineinhalb Jahre nach einer beängstigenden Konzert-Zwangspause für uns alle.

Zu allem Überfluss feiert auch der Ausrichter PROPHECY PRODUCTIONS dieses Events hier sein Fünfundzwanzigjähriges. Und der mittlerweile große Andi Holz steht mittendrin und fragt sich, ob er träumt oder wacht und womit er dieses Glück eigentlich verdient hat – dieses Glück, hier die Helden seines vierzehnjährigen Ichs live und in Topform auf der Bühne zu sehen, in dieser Zeit! Das erste richtige Konzert nach eineinhalb Jahren – kein Abstand, keine Masken, keine Sitzplätze. Ich kann mich kneifen wie ich will, es wird nicht weniger wahr.

Dank dafür gebührt neben der medizinischen Forschung usw. vor allem Prophecy Productions, die nicht nur mit der Balver Höhle vor ein paar Jahren ihre Festival-Heimat ganz in meiner Nähe gefunden haben, sondern eben auch damals wie heute immer wieder leidenschaftliche, außergewöhnliche Musik entdecken und veröffentlichen und auf die Bühne bringen. Und das trotz des eher wertkonservativen Hintergrunds mit einer beeindruckenden Weltoffenheit.

Daran war vor zwanzig Jahren, als ich das erste Mal eine “Prophecy-Konzertnacht” besuchte, noch nicht zu denken. Im allen Besucherinnen und Besuchern zusätzlich zum Ticket und exklusiv ausgehändigten Label-Kompendium erinnert sich DORNENREICHs Eviga übrigens an den Aufritt dort. Auch ich erinnere mich immer wieder gerne an die urwüchsige Energie, die damals von der Band auf uns, das Publikum, übersprang. Schaut man sich das Schaffen der Band bis heute an, könnte man fast auf die Idee kommen, dass sie immer noch davon zerrt.

Tag 1 – Bratwurst und Neofolk

So ist es kein Wunder, dass das Gelände rund um die Höhle schon am Donnerstag – es soll eine Label-Geburtstagsfeier mit Live-Musik, Bratwurst, Maiskolben und Freibier geben, Open-Air – gut gefüllt ist mit freundlichen, gut gelaunten Begeisterten. Meine Stimmung ist aus privaten Gründen etwas getrübt, aber ich vertraue mich dem Bier und dem Neofolk an. In der Hoffnung, in der Mischung aus beidem Trost und eine angemessen wehmütige Aufbruchstimmung für die nächsten beiden Tage zu finden.

Es gelingt nur mäßig, denn die drückende Schwüle und eine unerklärliche Verzögerung am Fass trüben trotz der wundervollen Kulisse des Sauerlands nicht nur mein Gemüt. Dann endlich, zeitgleich mit dem Beginn des ersten musikalischen Gastes – “Valkenstijn” hat sein Projekt MOSAIC mitgebracht – läuft das Bier, und die Musik erklingt. Vermutlich bin jedoch zunächst nicht nur ich irritiert davon, dass der Maestro zu Black Metal vom Band eine reine Vokal-Performance hinlegt, was um kurz vor 18 Uhr leider nicht wirken kann. Ebenso abträglich sind der Stimmung die Wechsel zwischen ihm und seinem Kompagnon ZWISCHENLICHTEN (auf dem Festival-Shirt unglücklicherweise als “Zwischenwelten” bezeichnet) – der allerdings auch selbst in diesem ersten Block wenig zur Besserung beiträgt. So sehe ich doch einen sehr jungen Mann mit Gothic-Zopf eher kitschige deutsche Lieder singen, die mit Stilblüten wie “Ich war kein Kind mit leichtem Herz” (sic!) und dem erstaunlichen Aufruf, vom Gipfel der höchsten Berge bis ins All hinauf zu steigen glänzen. Das Duett mit MOSAIC namens “Herbstfeuer” wiederum gefällt mir dann besser, endlich kommt so etwas wie naturromantische Stimmung auf.

Bei NEUN WELTEN, einer Prophecy-Band der zweiten Stunde, steigert diese sich dann endlich, und wenn man ganz vorne sich hinsetzt, kann man sie auch wahrnehmen. Geboten wird ein Querschnitt aus ihrem Schaffen, zusätzlich gibt’s ein extra für diesen Anlass komponiertes Lied, das mich positiv an die schönsten Momente von BACKWORLD erinnert. Ein gelungener Auftritt, der Lust auf ein neues Album macht!

Danach beginnen MOSAIC & ZWISCHENLICHTEN ihren zweiten Block, und ich beschließe, mir einen Logenplatz zu suchen. Am Weg über dem Zeltplatz steht eine von Bäumen trocken gehaltene Bank, auf der ich nicht nur einen angenehmen Klang genieße, sondern auch die hinter dem Zeltplatz verlaufende bewaldete Hügellandschaft bestens im Blick habe, über der sich während der nun folgenden halben Stunde wie bestellt das Naturschauspiel eines entfernten Gewitters abspielt. Immer wieder überziehen Blitze den Himmel und es donnert, während MOSAIC nun sein naturmystisches Neofolk-Programm bringt. Das sind seine besten Songs, und sie wirken bombastisch in dieser Kulisse! Auch ZWISCHENLICHTEN weiß nun zu überzeugen, vor allem mit der großartigen Coverversion “Das Feuerordeal” von ROME. Der junge Mann hat’s ziemlich gut ins Deutsche übertragen und bringt die Stimmung der verzweifelten Liebe, die dem Lied innewohnt, mit einer überzeugenden persönlichen Färbung rüber. Auch die Stücke mit Bezug zur Geschichte seiner Heimat, des Frankenwalds, überzeugen nicht zuletzt wegen der humorvollen Einleitung. Gerne hätte der junge Mann ein Rebellenlied in der Tradition der “Schlesischen Weber” geschrieben, aber “so ist er nicht, der gemeine Oberfranke”. Man glaubt’s.

Dann ist das Gewitter vorbei und es regnet. Stark. VRIMUOT, ein relativ neuer Prophecy-Neofolk-Künstler mit einer Frisur, nach der man die Uhr stellen kann, singt tapfer dagegen an, wirkt auf mich dabei aber an diesem Abend leider entschieden zu martialisch und zu ernst. Außerdem weiß er nicht, wann ein Lied zu Ende zu sein hat, und so lasse ich den Abend lieber in meiner gemütlichen Ferienwohnung ausklingen.

Tag 2: Frohsinn und ein Kessel Buntes

Da VRIMUOT auch um 12 Uhr die Höhle als erster bespielen soll, lasse ich mir mit dem Frühstück Zeit. Per Live-Stream (sehr professionell, hoffentlich wird eine BluRay daraus!) schaue ich mal rein, stelle aber fest, dass mir das morgens mit Trommeln in einer dunklen Höhle noch weniger zusagt als am Lagerfeuer. Schade, das Album finde ich in der richtigen Stimmung recht gelungen.

Dass das Programm des Prophecy-Fests sorgfältig und mit einem Fokus auf gute Dramaturgie zusammengestellt wird, ist expliziter Anspruch des Teams. Und so wird es auch volle Absicht sein, dass nach dem gnadenlos humorlosen und ausgesprochen deutschen Neofolk von VRIMUOT nun als Kontrast mit ST. MICHAEL FRONT eine Art CHRISTIAN-STEIFFEN-Imitator im Nazi-Mantel auftritt. Ich bin mittlerweile in der Höhle angekommen und einfach nur begeistert von soviel Frohsinn am frühen Nachmittag! Es leuchtet ja auch ein: Dies ist die Balver Höhle, Ort zahlreicher Schützenfeste und Schlagerpartys, hier muss auch beim Prophecy-Fest mal ein wahrhaftiger Schlagersänger auftreten! Fröhlich beginne ich zu schunkeln zu dieser ungemein eingängigen Mischung aus Schlager- und Neofolk-Parodie. Aber ganz böse bin ich auch nicht, dass ich nur die Hälfte des Sets mitbekomme. Na ja, muss ich mir mal auf Platte anhören!

Zeit fürs erste Bier. Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, wie es so viele Leute geschafft haben, hier ihre Bierdosen reinzuschmuggeln, aber das ist gar nicht der Fall. Die werden hier verkauft, vermutlich aus Hygiene-Gründen, anstelle von gezapftem Bier. Für vier Euro die Dose. Super Idee! Um Müllberge zu vermeiden sind überall Tüten, und da hier überwiegend nette, ordentliche Menschen zu Gast sind, werden diese sogar benutzt, um die Dosen zu entsorgen. Sehr schön. Ansonsten ist an der kulinarischen Front alles wie gewohnt. Es gibt einen Stand mit Pommes und Wurst und einen mit sehr guten türkischen veganen Speisen. Dazu die ebenfalls allen schon bekannten Gesichter des überaus freundlichen Festspielvereins Balve am Wertmarkenverkauf. Ich bin zum dritten Mal hier und es ist wie ein Nach-Hause-Kommen, erst recht nach dieser pandemiebedingten Konzertpause. Einfach nur wunder- und stimmungsvoll, und dass wir hier trotz aller Märchenhaftigkeit nicht im Auen-, sondern im Sauerland sind, kriege ich am Rande auch noch mit: Zu Anfang muss der Hausmeister aus gutem Grund den Notdienst von der Kanalreinigung rufen. Als dieser fertig ist, stürmt er auf Prophecy-Chef Martin Koller zu und ruft: “Es kann wieder geschissen werden!” Ein Glück.

 

Aber wieder zurück zur Musik. Wie gesagt, SUN OF THE SLEEPLESS eröffnen – endlich, muss ich sagen – den Metal-Anteil des Festivals. Und sie tun dies mit einem unglaublich guten Sound, einem perfekten Set und großer Spielfreude! Diesmal ohne Eviga, dafür mit Valkenstijn. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass die Bühne diesmal nicht in die Höhle rein, sondern aus der Höhle raus zeigt, oder ob man sich vielleicht meine Kritik von 2019 zu Herzen genommen hat. Aber einen so guten Live-Metal-Klang habe ich noch nie vorher gehört. Weder zu laut noch zu leise, für den Musikstil sehr differenziert, Gesang gut verständlich. Ganz großes Kompliment! Hoffentlich gibt es bald was Neues von dieser großartigen Band.

Sowieso bin ich begeistert von der Organisation des Festivals: Man hat keine Kosten und Mühen gescheut, das Jubiläum gebührend und störungsfrei über die Bühne zu kriegen und sogar allen, die nicht daran teilnehmen können, zuhause etwas zu bieten. Alle Auftritte beginnen nahezu pünktlich, der Stream wird von “Krachmucker-TV”-Ernie und Matt Bacon (Prophecy USA) moderiert, wovon in der Höhle zwischen den Bands auch immer wieder was zu sehen ist. U.a. ein Backstage-Interview mit dem legendären Hippie-Rocker ARTHUR BROWN, dessen Performance am Abend ja auch noch ansteht. Was ich bei all dem Hin- und Her-Gerenne der Verantwortlichen und hier Arbeitenden jedoch immer wieder verspüre, ist ein wenig Mitleid. Denn wirklich was von den Auftritten kriegen sie ja nun nicht mit, während ich immer noch in der Musik versinke wie anno 2001. Weshalb ich auch froh bin, dass ich über die Jahre einfach nur Fan geblieben und strikt wegen der Bands da bin, und nicht um tausend Bekannte zu treffen oder gar zu arbeiten. Ich bin jedoch sehr dankbar dafür, dass andere das anders halten (und ein bisschen neidisch bin ich wohl auch).

Während HEKATE hätte ich gegen ein bisschen Zerstreuung durch gute Gespräche sicher nichts einzuwenden gehabt. Zwar mag ich ihre Veröffentlichungen “Sonnentanz” und “Tempeltänze” sehr, aber mittlerweile ist mir die Band zu künstlich geworden, zuviel Synthesizer, zuviel “Ethno-Sound”, zu wenig Folklore. Es kommen gar Instrumente vom Band! Auch die Performance von Sänger (erstaunlich nervös und unsicher) und Sängerin (zu künstlich) gefallen mir nicht. Das ganze Getrommele aber kann was, immerhin.

Tja, zu NEGURA BUNGET kann ich dann wenig schreiben. Die Band ist immer an mir vorbei gegangen, und so kann ich dem einmaligen nostalgischen Auftritt zu Ehren des verstorbenen Bandkopfes Negru leider persönlich nichts abgewinnen und mache eine kleine Konzertpause. Die zahlreich anwesenden Fans hingegen sind begeistert.

Ein Abend der Extreme

DORNENREICH haben einen ganz anderen Stellenwert für mich, wie oben bereits angeklungen. Und dass sie auch noch in dem Jahr, in dem ich aus romantischen Gründen umziehe, ein Album über die Liebe veröffentlichen, zwanzig Jahre nach dem für mich an der Schwelle zum Erwachsensein so prägenden “Her von welken Nächten” mit seinem wilden “Wer hat Angst vor Einsamkeit?”, ist natürlich Zufall, aber ein ziemlich schöner. Leider, leider, leider sind sie jedoch an diesem Abend etwas deplatziert hier zwischen dem Metal-Inferno von NEGURA BUNGET und der Psychedelic-Orgie von ARTHUR BROWN. Noch dazu stören einige schwer betrunkene Störer den eigentlich für intime Settings konzipierten Akustik-Duo-Auftritt. Alte “Fans” unterhalten sich während des ergreifenden Finales von “Mein Publikum – der Augenblick”, mit seinem immer wieder überwältigenden Schlusspunkt allen Ernstes lautstark darüber, dass sie die früher aber besser fanden! Wie wenig Respekt kann man eigentlich haben vor Künstlern, dass man während ihres Auftritts die Klappe nicht halten kann? Könnte man Band und Fans noch unverschämter ins Gesicht spucken?! Wohl kaum. Ich bin jetzt noch stinksauer. Aber auch ohne diese Ärgernisse hätte es nicht geklappt, denn man vernimmt während des gesamten Sets über das Gemurmel der Zuschauerinnen und Zuschauer von weiter hinten beinahe lauter als Gitarre und Geflüster Evigas. Nein, am Freitagabend mit offener Höhle war das leider nicht gut, das war 2019 am Nachmittag in der geschlossenen Höhle einfach besser. Schade, hier wäre ein Metal-Set oder eins mit vollem Instrumentarium von “Du wilde Liebe sei” – definitiv die bessere Wahl gewesen. Die zweite Hälfte des Sets verbringe ich deshalb am Eingang der Höhle. Dort bekomme ich noch mit, dass das Ende des Sets mit “Unruhe” und “Jagd” nochmal hervorragend konzipiert ist und phänomenal gespielt wird.

Was dann geschieht, spottet jeder Beschreibung. Ich habe mich bewusst im Vorfeld nicht damit befasst, was ARTHUR BROWN, dessen Hit “Fire” mir als Kind von einer Aufnahme aus dem “Beat Club” Ende der 60er von meinem Vater näher gebracht wurde, heute eigentlich so für Musik macht. Ich befürchte deshalb irgendwas Sphärisch-Experimentelles, zumal der alte Mann beim Interview vorher noch etwas klapprig wirkt. Aber was zur Hölle passiert dann! Der in fluoreszierenden Farben geschminkte 79jährige tanzt auf die Bühne, agiler als manch 30jähriger, großartig kostümiert. Er hat eine Band hinter sich, die den Begriff “Spielfreude” definiert wie keine zweite, und seine Stimme klingt unglaublich warm, kraftvoll, lebendig. Gemeinsam hauen sie einen Hit nach dem andern raus, und bei jedem hat der Mann ein anderes Kostüm an! Allein daran könnte man sich nicht sattsehen und -hören, aber dazu gibt es noch Retro-Psychedelic-Videos und eine klasse Lichtshow. Ach, und einen brennenden Helm trägt er bei “Fire” natürlich auch. Wahnsinn. Die Höhle kocht, und alle, die sich in der Nähe der Höhle befinden, strömen hinein und feiern dieses Naturereignis und möchten, dass dieser Triumph des Lebens über den Tod einfach noch viel länger dauert als die 90 Minuten, die der 79jährige (!) hier über die Bühne springt und tanzt. Man möchte fast mit dem Biertrinken aufhören, damit man selber auch noch so fit ist später!

Aber nur fast, denn dann kommen ja noch PRIMORDIAL. Alan Averill ist kein Asket, glaube ich. Zwar springt auch er wild wie eh und je über die Bühne, aber seine Stimme hat doch schon ein bisschen gelitten über die Jahre. Gut, ist auch eine dezent andere Musik. Und zu der brauch ich definitiv Bier! Die Iren haben eine Sonderstellung heute als einzige Nicht-Prophecy-Künstler. Averill haut deshalb auch direkt mal einen raus, indem er den Anwesenden zu “ten years in the cave… 20 years? Whatever” gratuliert, um im Anschluss zu betonen, dass er mit seiner Band ja schon 30 Jahre auf dem Buckel hat. Was für ein Arschloch, möchte man meinen, aber vermutlich ist er einfach nur ein Trottel. Der Auftritt jedoch gefällt mir sehr gut, und bis mich zur zweiten Hälfte die Kräfte verlassen gehe ich gut mit, singe, gröle, werfe den Kopf hin und her und trommele mir an der Bierdose die Finger wund. Ach, es ist herrlich, wieder ein normales Konzert zu erleben!

Für die Zugaben wähle ich dann aber doch schon den Weg zurück zur Ferienwohnung, den Hang hinauf, einen Waldweg entlang. Aus der Höhle höre ich “The Coffin Ships” und “Gods To The Godless” durch das Tal schallen.Ich bin mir in diesem Moment sicher, dass ich zwar was verpasse, angesichts meines körperlichen Zustands aber hier im Dunkeln unter Bäumen und dem Himmel doch besser aufgehoben bin. Denn es ist zusammen mit der Tal-Beschallung herrlich stimmungsvoll und das perfekte emotionale Ende für diesen ereignis- und abwechslungsreichen Tag.

Ein Tag, der – ich möchte es nochmal betonen – nicht möglich gewesen wäre ohne den beeindruckenden wissenschaftlichen Fortschritt, der binnen 18 Monaten einer tödlichen Coronavirus-Pandemie zumindest in der von der kapitalistischen Weltwirtschaft grob profitierenden Hälfte der Welt durch Impfungen den Schrecken genommen hat. Man kann es gar nicht oft genug betonen: Nur deshalb sind solche Veranstaltungen wieder möglich, ohne dass danach hunderte schwer erkranken oder sterben. Und es macht mich sehr wütend, dass es so viele Menschen gibt, die diese Tatsache leugnen und die Pandemie durch ihre Impfverweigerung verlängern und verschlimmern und dadurch immer weiter Menschenleben – nicht zuletzt ihr eigenes – gefährden.

Tag 3: Metaphysik und Ekstase

Der dritte Tag des Fests beginnt quicklebendig mit SPIRITUAL FRONT und EIS – allerdings nicht für mich, der ich mich entschlossen habe, es heute gemütlich angehen zu lassen und die ersten beiden Bands einfach mal zu verpassen. Schließlich werde ich meine Kräfte noch brauchen für den großen Höhepunkt EMPYRIUM.  Die Band, mit der für Prophecy alles begann, feiert logischerweise auch 25 Jahre Jubiläum ihres Debüt-Albums und ist mittlerweile nach einem etwas holprigen Start vor gerade mal zehn Jahren eine echte Live-Größe geworden. Heute sollen sie das Festival beschließen und aus mir ein emotionales Wrack machen. Also wappne ich mich für dieses Erlebnis mit einem guten Frühstück, einem Bier, einem Zigarillo und guten Ratschlägen gegen den “metaphysischen Kater” aus “(An)ständig trinken” von Kingsley Amis. U.a. soll man mit einem zünftigen Geschlechtsakt sowie schwermütiger Lektüre und Musik dessen vernichtende Folgen zu lindern versuchen.

Das mit der Musik immerhin gibt’s in der Höhle, wo am Nachmittag die mir noch ganz unbekannten E-L-R aufspielen sollen. Deren sphärischer Doom verfehlt seine Wirkung dann auch wirklich nicht, und so halte ich es trotz eines enorm hohen Lautstärke-Pegels doch ganz gut aus vor der Bühne. Die Songs klingen zwar für mich alle gleich, aber wirken tut das Ganze, trotz fehlender visueller Untermalung am Bühnenhintergrund.

Wie süß KLIMT 1918 dann sind! Unsicher wie eine Schülerband bei ihrem zweiten Auftritt steht der Sänger auf der Bühne, liest jede Ansage und jeden Songtext artig ab und freut sich wie ein kleines Kind darüber, wenn er es mal wieder geschafft hat. Die spielen wohl nicht oft live? Egal, hier und heute tun sie es, und das ist für mich als großen, leidenschaftlichen Fan von “Dopoguerra” und (vor allem) “Just In Case We’ll Never Meet Again”, diesem unwiderstehlich ohrwurmlastigen Wave-Rock-Pop-Schmachtfetzen von 2008, das erste Highlight des Tages. Der für mich die Atmosphäre eines warmen Sommerabends, an dem es außer unglücklicher Liebe nicht viel zu holen gibt, so gnadenlos abbildet wie kein zweites Album. Leider spielen sie es nicht komplett, sondern bauen auch die m.E. eher belanglosen Stücke ihres aktuellen Albums “Sentimentale Jugend” in das Set ein. Aber ich genieße, was ich kriegen kann und freue mich darüber.

Danach ist erneut Kräfte sparen angesagt, aber ich höre mir die exzellenten DORDEDUH gerne an, nur halt von etwas weiter hinten. Dank der beiden aufgestellten Leinwände kann ich mir dabei Live-Bilder von der Bühne (leider mit minimaler Verzögerung) angucken und feststellen, dass die wie schon gestern, als sie NEGURA BUNGET dargeboten haben, einfach eine sehr präsente, beeindruckend massive Metal-Macht sind.

Dann wollen die Niederländer DOOL mir beweisen, dass sie ihren Ruf als eine der besten Live-Bands der Welt nicht zu Unrecht haben. Mit “Summerlands” hat die Band 2020 ein unwiderstehliches Album voller Hits veröffentlicht und durfte dann einfach nicht damit auf die Bühne. Bis heute! Sänger:in Raven hat die Menge von der ersten Sekunde an so dermaßen selbstverständlich im Griff, dass ich aus dem Staunen (und Rocken und Bier trinken) gar nicht mehr rauskomme. Wie geil ist das denn bitte? Die Höhle ist der gleichen Meinung und lässt sich beinahe in jeder Ecke von der Energie, die von DOOL ausgeht, mitreißen. Meine Güte, macht das Spaß! Ich will, dass das nie wieder aufhört!

Aber das muss es ja nun leider. Ich bin fix und fertig und kurze Zeit später finde ich mich nach einem kleinen Spaziergang plötzlich auf dem Sofa wieder – meine Güte, tut das gut! Hier mache ich es mir kurz gemütlich und genieße das Akustik-Set von DEINE LAKAIEN einfach mal im Liegen, die Technik macht es ja möglich. Vermutlich ist das für dieses Setting auch die bessere Wahl, denn schon am Vortag hab ich ja DORNENREICH akustisch am Abend für deplatziert gehalten. Und im Stream hört man keine grölenden Besoffskis, sondern einzig und allein die unfassbare Stimme Alexander Veljanovs und den Flügel Ernst Horns. Zwar habe ich DEINE LAKAIEN in meiner musikalischen Sozialisation immer ignoriert, aber die Lieder der beiden klingen so schön als dürfte ich das gut und gerne mal bereuen. Nur: warum um alles in der Welt trägt er diese Frisur…?

Mit EMPYRIUM hat alles begonnen – und das Fest endet mit ihnen

Als ich zu den Zugaben wieder in der Höhle erscheine stelle ich fest, dass das Duo die Masse wahrscheinlich bestens im Griff hatte und der Auftritt auch hier gut auf mich gewirkt hätte. Aber egal, gleich ist es soweit, EMPYRIUM sind da. Die Band, mit der für mich damals alles begann, die Band, die für mich gemeinsam mit MOONSPELL und TYPE 0 NEGATIVE das Ende einer glücklichen Kindheit und den Beginn einer Jugend als eigenbrötlerischer Trauerkloß mit Baumfetisch einleutete. Na, herzlichen Dank aber auch!

Aber erstmal gibt’s einen ausführlichen Soundcheck, und da man Headliner ist (ja, hier darf das Wort ruhig auch in diesem Kontext benutzt werden), gönnt man sich den Luxus des Überziehens. Als erste Band überhaupt auf dem Festival übrigens, alle anderen sind im Großen und Ganzen pünktlich fertig. Wie schon bei SUN OF THE SLEEPLESS am Vortag macht sich das bezahlt, der Klang ist nahezu perfekt, jedes Instrument differenziert hörbar, jeder Gesang an seinem prominenten Platz. Einmal spielt Thomas Helm gar Flöte, was ein wenig dafür entschädigt, dass selbst zu diesem speziellen Anlass die Querflöte der Albumproduktionen live durch eine Geige ersetzt wird. Darunter leidet der Gesamt-Pegel zwar etwas, aber das ist es wert – und sowieso habe ich einen klaren Klang lieber als eine extreme Lautstärke. Danke dafür!

Und auch für die Setlist, geboten wird ein Querschnitt von heute bis damals, zum Glück mit Ausnahme der eher mäßigen “Turn Of The Tides”-Phase. Lediglich ein weiteres Stück von “A wintersunset…” als besonderes Bonbon und “Über den Sternen” als Zugabe hätte ich gerne noch gehört, aber insgesamt bieten Schwadorf und Co. hier eine angemessen perfekte Auswahl ihres Schaffens. Besonderer Höhepunkt ist für mich “The Ensemble of Silence”, mein Lieblings-Stück von “Songs of Moors & Misty Fields”, zum Glück bin ich in meiner direkten Umgebung nicht der einzige, der ekstatisch tanzend vor Wehmut glüht dabei.

Alles in allem zeigt sich das Publikum jedoch erstaunlich reserviert, vermutlich zu gleichen Teilen der späten Stunde und der Ehrfurcht geschuldet. Hier spielt immerhin eine erwachsene, hoch professionelle, aber doch in jeder Minute emotional wahrhaftige Band Lieder, die ihr Bandleader als Jugendlicher geschrieben und andere Jugendliche bzw. junge Erwachsene einst für das größte musikalische Werk ihrer Generation gehalten haben – und, verdammt nochmal, das werden sie für mich auch immer bleiben!

Ein gelungenes, wunderschönes Jubiläums-Festival geht dann angemessen zu Ende. Für mich persönlich hätten musikalisch noch ein-zwei Höhepunkte zusätzlich dabei sein können, und ich hätte eine Ausstellung zur Label-Geschichte schön gefunden (und zwar dort, wo das Merch aufgebaut war, aber ich sehe ein, dass der Merch-Verkauf finanziell einfach zu wichtig ist, um den knappen Platz in der Höhle dafür herzugeben). Aber das ist Meckern auf geradezu unheimlich hohem Niveau angesichts des wunderschönen Jubiläumsbuchs, das es gratis zum Eintritt gab, und des hochkarätigen Line-Ups in diesen schwierigen Zeiten.

Viel ist geschrieben worden zum Charakter und zur Einzigartigkeit von Prophecy Productions, und ich will eigentlich nichts davon wiederholen. Vielleicht aber ergänzen, wie spannend ich es immer wieder finde, mit welcher Nonchalance Martin Koller und Co. einfach den Bogen von wertkonservativem Neofolk und urigem Black Metal bis hin zu zeitgenössischem Dream Pop und feministischem Post-Metal spannen – und dabei noch zig andere Facetten Subkultur mitnehmen, einfach weil sie’s können. Hut ab – auf die nächsten fünfundzwanzig Jahre!

Fotos: Andreas Holz/vampster.com

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SCORPIONS: neues Album „Rock Believer” – Konzerte in Stuttgart, München, Frankfurt, Berlin, Hannover & Dortmund

Die SCORPIONS melden sich mit neuem Album und Konzert-Terminen zurück: Im Februar 2022 veröffentlichen die SCORPIONS ihr 19. Studioalbum „Rock Believer“, danach ist eine Tour geplant.

Das neue SCORPIONS-Album entstand  während des Lockdowns in Hannover, zum ersten Mal ist Ex-MOTÖRHEAD Schlagzeuger Mikkey Dee mit dabei.

„Das Album hat die DNA der SCORPIONS , den Kern bilden die Schenker/Meine Kompositionen“, sagt Frontmann Klaus Meine und erklärt, warum die neuen Songs die Frische und Power der 80er-Scorpions-Alben haben: „Wir haben als Band alle zusammen in einem Raum gespielt und die Songs aufgenommen – genau so, wie wir es damals in den 80er Jahren gemacht haben. Wir können es nicht erwarten wieder loszulegen, um endlich wieder für unsere Fans zu spielen.“

“Rock Believer“ wird am 11. Februar 2022 veröffentlicht,  Ende Oktober 2021 erscheint die neue Single „Peacemaker“.

Als Support bei der SCOPIONS-Deutschland-Tour spielen MAMMOTH WVH, die Band um  Wolfgang Van Halen, Sohn des Gitarristen Eddie Van Halen.

 

SCORPIONS
Rock Believer – Tour 2022
Special Guest: Mammoth WVH

08.06.2022 Stuttgart / Schleyer-Halle
10.06.2022 München / Olympiahalle
12.06.2022 Frankfurt / Festhalle
15.06.2022 Berlin / Mercedes-Benz Arena
17.06.2022 Hannover / ZAG-Arena
19.06.2022 Dortmund / Westfalenhalle

Ab Donnerstag, dem 30. September 2021 – 10.00 Uhr bieten die Ticketanbieter MyTicket und CTS Eventim Presales an. Der allgemeine Vorverkauf startet am Freitag, dem 1. Oktober 2021 – 10.00 Uhr.

Für Mitglieder des Scorpions-Fanclubs wird es einen exklusiven Vorverkauf bereits ab Mittwoch, dem 29. September 2021 – 12.00 Uhr geben.

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FLUISTERAARS: Gegrepen Door de Geest der Zielsontluiking

Ihr kennt das sicherlich: Gerade habt ihr ein Buch gelesen, einen Film gesehen oder eine Nachrichtensendung ertragen, und nun wollt ihr das in euch entstandene Gefühl – eine merkwürdige Mischung aus Übelkeit, Wehmut und Verzweiflung – musikalisch ein wenig veredeln. Doch was tun? Gesucht wird etwas Wärme, ein Schrei vor märchenhafter Kulisse, Zuckerbrot und Peitsche zugleich, aber vor allem: ein weiteres Bier, nein, pardon, ein neues, frisches Black-Metal-Album, das vertraut klingt und es doch so gar nicht ist.

Hier kommen die Holländer FLUISTERAARS ins Spiel. Hörbar inspiriert von der ungezügelten Energie ihrer Freund:innen von TURIA, legen sie mit „Gegrepen Door de Geest der Zielsontluiking“ nur eineinhalb Jahre nach dem unwesentlich dezenter betitelten „Bloem“ ein Album nach, das einfach alles kann: Wut kanalisieren, Trance erzeugen, Schönheit abbilden; mithin all das Kathartische, das wir dieser einzigartigen Musikrichtung seit jeher abtrotzen, und es schafft das mit so spielerischer Leichtigkeit, dass ich mich fragen muss, wieso „Bloem“ überhaupt noch Schwachstellen haben konnte.

„Gegrepen Door de Geest der Zielsontluiking“ ist ein faszinierender Wirbelsturm aus Ästhetik und Raserei

Wie haben sie das geschafft? Nun, FLUISTERAARS hatten angekündigt, ihr neues Album werde eine ungefilterte, wilde Raserei, ursprünglich und rau – und das ist es tatsächlich; das und noch viel mehr allerdings. Das Werk beginnt wie ein Wirbelsturm aus Ästhetik, der mich immer wieder in ungeahnte Höhen aufsteigen oder grauenvolle Tiefen abfallen, aber niemals im Stich lässt: Immer nachvollziehbar und trotz der emotionalen Fülle niemals überbordend stürmt der Orkan Richtung melodischer Ekstase, und wenn er dort ankommt, klingt es merkwürdig nach den 70ern; Bilder einer Ausstellung kommen in den Sinn (EMERSON, LAKE & PALMER), doch ehe das Improvisierte nerven kann, geht es weiter mit dem nächsten unwiderstehlichen Riff.

Was dem Ganzen die Krone aufsetzt, ist der irgendwie entrückte Gesang, der sich alles traut, selbst das wahnwitzige Abkippen in die Kopfstimme und die aus dem alten Norwegen bekannten hymnischen Einlagen. Dieser ist es dann auch, der FLUISTERAARS nach der knappen Niederlage gegen ihre Landsleute letztes Jahr quasi in der Nachspielzeit an TURIA vorbeiziehen lässt – ob es unfair ist, dass sie sich dabei ihrer Mittel bedienen, sei dahingestellt; ich hoffe nur, dass der freundliche Wettstreit weitergeht und TURIA ihrerseits bald nachlegen.

Explizit erwähnen möchte ich zuletzt noch das stimmige Cover-Artwork, das mit seinem alles andere als simplen Minimalismus wie schon beim letzten Album kongenial auf die Stimmung setzt. Ja, da ist etwas Großes entstanden in Gelderland: Berauschende Melodik, wahnwitziger Gesang, unfassbar präzises Drumming und über allem der konsequente Mut loszulassen – man spürt in jeder Sekunde die Lust am ästhetischen Mittelfinger gegen diese Welt, an der verzweifelten Katharsis; deren Notwendigkeit wiederum man vielleicht schon verinnerlicht haben muss, um FLUISTERAARS und ihre gleichermaßen raue wie zärtliche Symphonik angemessen würdigen zu können.

Spielzeit: 35:36 Min.

Veröffentlichung am 27.8.2021 auf Eisenwald

FLUISTERAARS „Gegrepen Door de Geest der Zielsontluiking“ Tracklist

1. Het oevervleugelen der meute
2. Brand woedt in mijn graf
3. Verscheuring in de Schemering

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BEYOND GRACE: Our Kingdom Undone

Jetzt höre ich schon zum wiederholten Male in “Our Kingdom Undone”, der neue Scheibe von BEYOND GRACE, hinein und frage mich, was mir derart an deren Debütalbum “Seekers” imponierte, dass ich mir die Engländer in meinem Gedächtnis mit Rot markierte. Damals war es vor allem die Gitarrenarbeit von Tim Yearsley, der abwechslungsreiche Gesang von Andrew Walmsley (APATHY NOIR, TWILIGHT’S EMBRACE) und wohl auch die reifen Lyrics. Komisch, dass sich dies alles auch beim neuen Album der Briten wiederfindet, doch berührt mich “Our Kingdom Undone” musikalisch weit weniger als das Debütalbum vor vier Jahren.

BEYOND GRACE spielen zu sehr mit den Erwartungen

Nach wie vor versuchen sich BEYOND GRACE im Technical / Progressive Death Metal mit ein paar bewusst gesetzten Dissonanzen und Deathcore-Elementen. Somit überraschen die Songs immer wieder, doch haben diese Spielereien mit den Erwartungen und der Tonleiter auch das Manko, dass kein richtiger Flow entstehen mag. Somit wird der Grat zur Verkopftheit immer wieder einmal überschritten – etwa gleich beim Opener “Dark Forest Doctrine”, der das Album für meine Begriffe zu sperrig eröffnet. Auch die anderen Songs sperren sich davor, anschmiegsam zu sein. Für wohltuende Momente sorgen (abermals) die Gitarren-Leads und -Soli, die etwa in “Barmecide Feast”, “Factions Speak Louder Than Herds” oder “The Price of Peace” oftmals nur kurz und oft am Ende für eine positive Auflösung eines Songs Sorge tragen.

Auf Anhieb wird man mit “Our Kingdom Undone” nicht warm

Doch dass ein Song in seiner ganzen Länge – vor allem emotional – eine packende Wirkung entfaltet, ist auf “Our Kingdom Undone” eher die Ausnahme als die Regel. Am ehesten ist neben “Fearmonger” der abschließende und zwölf Minuten lange Titeltrack zu nennen. Im Endeffekt ist das aber derzeit noch zu wenig, um mich vom Album überzeugen zu können. Denn trotz beinahe identischer Eigenheiten wirkt “Our Kingdom Undone” weit weniger auf mich ein, als “Seekers“. Doch vielleicht braucht es noch weit mehr Hördurchläufe, um mit dem neuen Album von BEYOND GRACE inwendig warm zu werden.

Veröffentlichungstermin: 03.09.2021

Spielzeit: 47:03 Min.

Line-Up:
Andy Walmsley – Gesang
Tim Yearsley – Gitarre
Chris Morley – Gitarre
Andrew Workman – Bass
Ed Gorrod – Schlagzeug

Label: Prosthetic Records

Mehr im Netz: https://www.beyond-grace.co.uk
Mehr im Netz: https://beyondgrace.bandcamp.com
Mehr im Netz: https://www.facebook.com/wearebeyondgrace

BEYOND GRACE “Our Kingdom Undone” Tracklist

1. Dark Forest Doctrine
2. Barmecide Feast (Lyric-Video bei YouTube)
3. Hive Mind (Video bei YouTube)
4. Factions Speak Louder Than Herds (Video bei YouTube)
5. The Price of Peace
6. Persona Non Grata
7. Fearmonger (Video bei YouTube)
8. Our Kingdom Undone

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DUEL: neues Southern / Heavy Rock Album “In Carne Persona” aus Texas

Mit “In Carne Persona” wird in einigen Wochen das neue Album der Southern / Heavy Rock-Band DUEL erscheinen. Es ist das vierte Album der Texaner und wird am 1. Oktober 2021 via Heavy Psych Sounds erscheinen. Vorab gibt es den Song “Children Of The Fire” zu hören.

Das seit 2016 bestehende Quartett von DUEL wird von Tom Frank, Shaun Avants, Justin Collins und Jeff Henson gebildet.

DUEL “In Carne Persona” Tracklist

1. Children of the Fire (Audio bei YouTube)
2. The Veil
3. Anchor
4. Behind the Sound
5. Bite Back
6. Wave of your Hand
7. Dead Eyes
8. Lizard Tongue
9. Blood on the Claw

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KADABRA: neues Hard / Fuzz / Classic Rock Album “Ultra”

Die Hard / Fuzz / Classic Rock-Band KADABRA wird in wenigen Wochen ihr neues Album “Ultra” veröffentlichen. Es ist das erste Album der US-Amerikaner aus Spokane.

“Ultra” wurde von Dawson Scholz produziert und wird am 17. September 2021 via Heavy Psych Sounds Records erscheinen.

KADABRA sind Gitarrist und Sänger Garrett Zanol, Bassist Ian Nelson sowie Drummer Chase Howard.

KADABRA “Ultra” Tracklist

1. Graveyard (Audio bei Bandcamp)
2. Faded Black
3. Eagle 20’s
4. Bean King (Audio bei Bandcamp)
5. Death
6. Coyote
7. Settle Me (Audio bei Bandcamp)

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THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA: Aeromantic II

Rambo, Terminator, Emanuelle, Aeromantic: Alles Gute  braucht mindestens eine Fortsetzung – das haben sich meine Lieblinge von THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA wohl gedacht und werfen dieser Tage „Aeromantic II“ auf den Markt. Und wo ich seinem Vorgänger letztes Jahr noch einen leichten Hitmangel vorzuwerfen mich erdreistet habe, kann ich nun Entwarnung geben: Die kreative Zwangspause hat der Band gut getan, dieses Album besteht ausschließlich aus Hits! Und zwar solchen, die sich nicht unbedingt beim ersten Hören erschließen – was bekanntlich die besten sind. Wollen wir sie einzeln durchgehen?

Nein, eigentlich nicht. Warum auch? Auch in den Fortsetzungen der 80er-Blockbuster wusste jede und jeder, was passieren würde – man wusste nur nicht, wie geil es im Endeffekt tatsächlich würde! Und mal ehrlich, wir wollen mit dem NIGHT FLIGHT ORCHESTRA keine Experimente wagen, keine neuen Galaxien erschließen, wir kennen uns aus in seiner Galaxie und wollen bloß weiter in ihr schwelgen, hinauf und hinein in eine „neue Welt für all die ruhelose Seelen da draußen“, wie Bandkopf Björn Strid sich im Promotext so nett ausdrückt. Von dort erscheint uns unsere Welt dann als die Blödheit, die sie ist: ein seelenloses Konglomerat aus Automaten, ein übertrieben ungemütlicher Ort, der aber trotzdem – oder gerade deshalb? – immer wieder Blüten wie diese hervorbringt, die ihn wiederum erträglicher machen.

Ja, THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA ist eine schillernde Blüte in einem Sumpf aus , und wer‘s nicht glaubt, höre nur mal den unwiderstehlichen Chorus von „You Belong To The Night“ oder das herzzereißend melancholische „Amber Through a Window“, Songs voller Liebe und Wärme, die wir alle, immer noch mal ehrlich, dringend nötig haben, während wir mit unseren Liebsten aus Mangel an Alternativen die Polonäse ins heimische Wohnzimmer verlegen.

Polonäse im heimischen Wohnzimmer? „I Will Try“!

Die Wärme zeigt sich auch im Sound, der so knackig und rund klingt wie noch nie: Strids zuckersüßes Organ schmiegt sich da hinein wie der Pudding ins Puddingteilchen, wie das Bier in die Flasche und wie das Erbrochene in die Toilette auf der WG-Party aus meiner Rezension von letztes Jahr. Pardon. Auf „Aeromantic II“ erbricht sich niemand! Denn die „Chardonnay Nights“ sind lang, wenn die „Midnight Marvelous“ in ihren „White Jeans“ unterwegs sind, unter „Moonlit Skies“ – letzteres übrigens genau die Art von Power-Ballade, die das Album gebraucht hat, um endgültig rund zu werden. Ja, hier sind THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA nahe an der Perfektion und die Polonäse fast schon an der Haustür. Denn jetzt gilt es, nur nicht kreativ auszubrennen und erstmal wieder zu touren, solange es geht!

Spielzeit: 51:28 Min.

Veröffentlichung am 3.9.2021 auf Nuclear Blast

THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA „Aeromantic II“ Tracklist

1. Violent Indigo
2. Midnight Marvelous
3. How Long
4. Burn For Me
5. Chardonnay Nights
6. Change
7. Amber Through A Window
8. I Will Try
9. You Belong To The Night
10. Zodiac
11. White Jeans
12. Moonlit Skies

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IVAR BJØRNSON & EINAR SELVIK: kündigen neue Neofolk EP “Hardanger” an

Mit “Hardanger” hat das Neofolk-Projekt IVAR BJØRNSON & EINAR SELVIK eine neue EP angekündigt. Die zwei Songs umfassende EP folgt dem zweiten Album der Norweger, “Hugsjá” (2018), nach und wird am 5. November 2021 via By Norse Music erscheinen.

IVAR BJØRNSON & EINAR SELVIK bestehen aus den namensgebenden Musikern Ivar Bjørnson (ENSLAVED, Ex-BORKNAGAR) und Einar Selvik (WARDRUNA). Als Gast-Musiker sind unter anderem auch LINDY-FAY HELLA (WARDRUNA, DEI FARNE), Grutle Kjellson und Iver Sandøy (jeweils ENSLAVED) mit von der Partie.

IVAR BJØRNSON & EINAR SELVIK “Hardanger” Tracklist

1. Heim til Yggdrasil
2. Hardanger