Categories
Uncategorized

DOWNFALL OF GAIA: Silhouettes Of Disgust

Auch wenn ihre Konzepte stets pessimistisch sind: DOWNFALL OF GAIA ist eine von jenen Bands, deren Hörer*innen dankbar sein dürfen. Ihr Punk-Ethos ist in der Musik spürbar, auch durch das unprätentiöse Auftreten der vier Musiker. Weder geben sie sich mit Mittelmaß zufrieden, noch stagnieren sie. War „Aeon Unveils The Thrones Of Decay“ nicht nur in Bezug auf den Titel sperrig und äußerst komplex, zeigte die Band im Anschluss kompaktere und kürzere Alben, die aber emotional ebenso erschütterten und mitrissen. Und vor allem: Keines von DOWNFALL OF GAIAs Alben zeigt Abnutzungserscheinungen. DOWNFALL OF GAIA sind, so gesehen, absolut verlässlich. Ihr sechstes Album „Silhouettes Of Disgust“ geht sogar noch einen Schritt weiter: Die internationale Band landet bei ihren eigenen Wurzeln und schreitet gleichzeitig voran – ohne in Widersprüche zu geraten.

Vier Jahre zwischen zwei Alben ist für DOWNFALL OF GAIA überdurchschnittlich lange, und es stand zur Befürchtung, dass die Post Black Metal-Band Probleme mit Inspiration und Relevanz haben könnte. Davon ist auf „Silhouettes Of Disgust“ glücklicherweise rein gar nichts zu spüren. Die Wildheit und Dunkelheit klingt frisch wie eh und je und wurde um mehrere Dimensionen erweitert. Und genau jene stehen der Band äußerst gut zu Gesicht. Am auffälligsten sind die Crust-Elemente, die nun auch in Form von D-Beats und Melodieläufen à la TRAGEDY hinzugekommen sind. Hier werden DOWNFALL OF GAIA nicht nur catchy, sondern auch sehr emotional. Die Überleitung in ungezähmte, punkige Blast Beats, die an den nordamerikanischen Black Metal erinnern, funktionieren dabei als Steigerung. Und das funktioniert unglaublich gut.

D-Beats und Post Punk erweitern die stilistische Palette von DOWNFALL OF GAIA und lassen „Silhouettes Of Disgust“ zu einem aufregenden Album werden.

Als Gamechanger erweist sich auch der Wiedereinstieg von Ur-Gitarrist Peter Wolff, der in seiner bandfreien Zeit einige Ambient-Alben veröffentlicht hat. Dieses Intermezzo macht sich bemerkbar: Dass in „Where Bloodspring Become Rivers“ nun unter D-Beats sphärische Sounds gelegt werden und dass das noch dazu so gut passt, ist ein Wagnis, das voll aufgeht. Überhaupt sind in diesen acht Songs die atmosphärischen Momente viel besser in die Musik verwoben als auf den letzten Alben, sodass die Songs immer wieder neue Dimensionen entfalten. Zuletzt ist da noch sparsam, aber offensiv eingesetzter Post Punk, der besonders in „Bodies As Driftwood“ auffällt und dynamisch einiges zum Gesamtbild des Albums beiträgt.

DOWNFALL OF GAIA haben ihr Songwriting nie so punktgenau umgesetzt, wie auf diesem Album, lassen ihren Stücken aber genügend Raum, um nicht völlig erschlagend zu wirken. Aber auch spielerisch ist die Band auf hohem Niveau, allen voran natürlich Drummer Michael Kadnar. Die Gitarren und der Bass mögen im Vergleich dazu etwas simpler rüberkommen, haben aber gerade im Bereich der Harmonien und natürlich mit dem ultradreckigen Sound einiges zu bieten, und dann ist da das verzweifelte Geschrei, das genau dann unter die Haut geht, wenn eine gezielte Übersteuerung eingesetzt wird. So schafft „Silhouettes Of Disgust“ den Boden für ungemein intensive Songs.

„Silhouettes Of Disgust“ kann in seine emotionalen Einzelteile zerlegt werden: DOWNFALL OF GAIA zeigen sich wütend, ängstlich und melancholisch – und stets authentisch.

Und hier zeigt sich die große Kunst des Albums. Im eigenen psychischen Bild ist da oft dieses Gefühlsgemisch, das erstmal auseinandergenommen werden muss und verdeutlicht, wo gerade eigentlich das Problem steckt. Und so funktionieren auch die acht Tracks: Unter der Wut liegt oft Traurigkeit oder auch Angst verborgen, die vordergründige Raserei verbirgt so manchen melancholischen und bitteren Gitarrenlauf. Dazu muss das Album aber einige Male gespielt werden, um einen Überblick zu erhalten. Und siehe da, neben den oben erwähnten Songs begeistert auch das eröffnende und überraschende „Existance Of Awe“, sowie „Unredeemable“ mit seinem explosiven Genre- und Emotionscocktail, als auch „Eyes To Burning Skies“ mit seiner deutlichen „Two Hunters“-Referenz in der ersten Hälfte. Einzig das fragmentarische „Final Vows“, das sich stilistisch wie ein Ausflug in Richtung „Suffocating In The Swarm Of Cranes“ anfühlt, ist etwas unentschlossen.

Wie man den Bogen zum eigenen Ursprung spannen kann, zeigen DOWNFALL OF GAIA auf ihrem sechsten Album meisterlich. „Silhouettes Of Disgust“ ist ein bitteres und düsteres Album, aber die Liebe zur Musik ist stets spürbar – die Liebe zur Musik der Vergangenheit und der Gegenwart. Dass DOWNFALL OF GAIA mittlerweile als Veteranen der Post Black Metal-Szene gelten, gibt ihnen den Freiraum, alles in die Musik zu integrieren, was passend ist. Dennoch ist „Silhouettes Of Disgust“ ungemein stimmig und verbindet Wut mit Melancholie, Klaustrophobie mit Pessimismus, ohne in eine Klischeefalle zu tappen. Somit hat Album Nummer sechs das Potenzial, zum Bandklassiker zu avancieren, und zeigt, dass DOWNFALL OF GAIA auch nach fünfzehn Jahren noch relevant sind. Und dafür dürfen die Anhänger*innen dieser Band aufrichtig dankbar sein.

Wertung: 7 von 8 Straßenfeger

VÖ: 17. März 2023

Spielzeit: 45:14

Line-Up:
Dominik Goncalves dos Reis – Vocals, Guitars
Peter Wolff – Guitars, Vocals
Anton Lisovoj – Bass, Vocals
Michael Kadnar – Drums

Label: Metal Blade

DOWNFALL OF GAIA „Silhouettes Of Disgust“ Tracklist:

1. Existence Of Awe (Official Audio bei Youtube) 
2. The Whir Of Flies
3. While Bloodsprings Become Rivers
4. Bodies As Driftwood (Official Video bei Youtube)
5. Eyes To Burning Skies
6. Final Vows
7. Unredeemable
8. Optograms Of Disgust

Mehr im Netz:

http://downfallofgaia.com/
https://www.facebook.com/DownfallofGaia
https://www.instagram.com/downfallofgaia/

Categories
Uncategorized

THE LOVECRAFT SEXTET: Black†White [EP]

Das Kuriositätenkabinett THE LOVECRAFT SEXTET unter der Leitung von Jason Köhnen bleibt im Arbeitsmodus und schiebt kurz nach dem vergangenen Album „Miserere“ eine spannende EP nach. „Black†White“ zeigt das Projekt nun deutlich freier im Experiment und verbindet die finstere Atmosphäre von „In Memoriam“ und „Miserere“ mit einigen neuen Facetten. Die beiden Stücke „Black“ und „White“ loten zwischenzeitlich die Grenzen des Hörbaren aus. Colin Webster, Underground-Ikone im Saxophonbereich, hat großen Anteil an der Musik auf diesen beiden Stücken.

Die EP „Black†White“ zeigt THE LOVECRAFT SEXTET mit Gastsaxophonist zwischenzeitlich an der Grenze des Hörbaren.

Die dunklen Darkjazz-Stücke werden durch Chaos und Kakophonie unterbrochen. Die Atmosphäre baut sich auf und steigert sich. Und, bevor die Hörer eine Klimax erwarten, explodiert die Musik und es entsteht ein Mahlstrom aus Chaos und Lärm. Dabei an John Zorn und dessen ikonischen Projekte NAKED CITY und PAINKILLER zu denken, liegt natürlich auf der Hand. Jason Köhnen verwebt diese Elemente im Kontext von THE LOVECRAFT SEXTET auf sehr verstörende Art. „Black†White“ ist als Titel auch programmatisch. Schwarz und weiß als Spektrum, die Musik passiert zwischen diesen Extremen und spielt mit den Erwartungen und Gewohnheiten der Hörer*innen.

Die Dunkelheit, die „Miserere“ und „In Memoriam“ auszeichnete ist da, aber sie wird regelmäßig zerschnitten von diesen Eruptionen, die dem Publikum die Schweißperlen auf die Stirn treiben dürfte. Blast Beats, Black Metal-Gitarren, brutale Drones, Gewaltausbrüche am Saxophon zwischen den atmosphärischen, getragenen Momenten, wie Stroboskoplicht im Kerzenschein. Obwohl „Black“ nur kurz ausbricht, ist es genau diese Gewalt, die einen in einen Abgrund zu stoßen scheint. Im Anschluss darf „White“ das chaotische Element ausgiebiger und nachhaltiger zelebrieren und bringt nachhaltigeren Schrecken. Doch egal, wie sehr und wie lange THE LOVECRAFT SEXTET sich in der auditiven Gewalt verlieren, „Black†White“ schafft es, in zehn Minuten sein Publikum zu verunsichern.

THE LOVECRAFT SEXTET wechseln Kerzenschein und Stroboskoplicht ab: „Black†White“ verliert sich gerne in der auditiven Gewalt.

Allein schon Colin Websters Performance am Saxophon ist hörens- und fühlenswert – mal streichelt und mal peitscht er das Publikum. „Black†White“ hinterlässt dennoch einen unfertigen Eindruck. THE LOVECRAFT SEXTET wirken, als hätten sie noch längst nicht alles ausgeschöpft, was in diesem Bereich möglich ist, und als wollten sie noch viel mehr wagen. Diese EP wirkt ein wenig so, als würde Jason Köhnen fragen: „Soll ich tiefer in diesen Bereich vordringen? Was meint ihr?“ Da darf man aus voller Brust antworten: „Aber sicher doch!“ Allein die Vorstellung, was diese Mischung aus Terror und stilsicherer Düsternis in vierfacher Länge bieten könnte, jagt einen Schauer über den Rücken. Darkjazz-Freunde mit Hang zum Experiment und zum Lärm sollten sich daher mit dieser EP entweder digital oder auf Wachs den Mund wässern lassen.

VÖ: 10.03.2023

Spielzeit: 10:26

Line-Up:
Jason Köhnen – Instruments
Colin Webster – Saxophone

Label: Debemur Morti Productions

THE LOVECRAFT SEXTET „Black†White“ Tracklist

1. Black
2. White

Mehr im Netz:

https://thelovecraftsextet.bandcamp.com/
https://darkjazz.bigcartel.com/

Categories
Uncategorized

HOST: IX

Man darf sich Berufsgrantler Nick Holmes vorstellen, als irgendwann in den frühen 2010er Jahren die Synthwave-Welle zu einem Tsunami wurde. Denn PARADISE LOST, die sich in den späten Neunzigern mit dem unvergessenen „One Second“ freizuschwimmen begannen und eine Transformation in Richtung Synthpop begannen, kehrten nach einer kommerziellen Bauchlandung reuig wieder zum klassisch-metallischen Sound zurück. Zunächst nicht sonderlich authentisch, eben wie eine arrangierte Ehe – und erst später war die Liebe (zum Metal) wieder richtig gewachsen. Und Nick Holmes, der die Missmutigkeit zur Kunstform machte, musste vor zehn Jahren ansehen, wie Metal-Fans allerorten zu Synthwave tanzten und tobten, als wären sie seit den Achtzigern Spezialisten für diese Musik.

Holmes’ imaginären Zähneknirschen ist absolut berechtigt, erinnert man sich, wie PARADISE LOSTs elektronischstes und poppigstes Album 1999 unterging und geradezu in der Luft zerrissen wurde, seitens der engstirnigen Presse und der wutschnaubenden Fans. „One Second“ ging ja gerade noch in Ordnung, aber „Host“?! Immerhin erfährt das Album 20 Jahre später dann doch die späte Gerechtigkeit. Wenig verwunderlich, dass Greg Mackintosh und Nick Holmes sich trotzig in die Hände klatschen und es erneut versuchen. Wohin sie mit ihrem Nebenprojekt HOST stilistisch wollen ist nun wirklich kein Rätsel, eine Kopie des 1999er PARADISE LOST-Albums ist „IX“ aber auch nicht geworden.

Wohin HOST mit „IX“ wollen, überrascht nicht – und doch werden PARADISE LOST anno 1999 nicht kopiert.

Gregor Mackintosh, treibende Kraft hinter dem Duo HOST, begeht aber nicht den Fehler, eine ausschließliche Reise in die Vergangenheit zu starten. Viel mehr ist „IX“ näher am Puls der Zeit, oder vielleicht der Trends, als zu vermuten wäre. Das liegt natürlich an dem wuchtigen, basslastigen Sound, aber auch daran, dass die Synthwave-Welle an ihm nicht gänzlich vorbei zog. Eine knappe Dreiviertelstunde erzeugen er und Nick Holmes ein Spannungsfeld aus dem PARADISE LOST-Klassiker, der so schnell keiner werden durfte, der Retromoderne und Power der neuen Synthwavebewegung und den großen Pop-Momenten des Gothrock und Synthpop.

Glücklicherweise empfand Mackintoshs Kollege Nick Holmes die Idee an diesem Projekt als schlüssig. Dessen dunkler Gesang passt hierzu perfekt und wirkt keinen Deut verbrauchter als noch 1999. Ich möchte klarstellen: Ich liebe diese Vocals – Punkt. Dass die beiden auf diese Art einige starke Songs verzeichnen können, ist wenig verwunderlich. Songwriting, das können die beiden – und weil sie dabei so frei von Druck und Erwartungen agieren können, ist die Erfolgsdichte recht hoch, und das obwohl „Wretched Soul“ ein überraschend doomiger, trister, langsamer Auftakt geworden ist, dessen pulsierender Synthesizer neben schweren Gitarrenriffs vorab überrascht. Ein Hit klingt anders. Und ist „IX“ dann doch eher ein neues „One Second“?

Als Songwriting-Team zeigen sich Greg Mackintosh und Nick Holmes stark wie eh und je – auch unter dem Banner HOST.

Nein, denn nachdem die vierzig Minuten verstrichen sind, mag es so wirken, als wäre „IX“ viel eher um „Tormorrow’s Sky“ herum komponiert worden, denn diese Nummer hat eine starke Hook, einen stoischen Beat, einen Nick Holmes, wie ich ihn liebe, und lädt unumwunden dazu ein, die Tanzfläche zu stürmen. Mit grimmigem Gesicht und Zornesfalten, aber immerhin. „Tomorrow’s Sky“ ist ein verdammter Hit und überstrahlt HOSTs Einstand deutlich, sendet daneben einen Gruß an die CARPENTER BRUTs und PERTURBATORs dieser Welt, gemäß dem Motto: „Daddy’s Home!“ Aber daneben hat das Duo weitere starke Songs zu bieten, die sich vielleicht nicht so ganz aufdrängen.

In der Folge bleibt der Dancefloor also manches mal leer. „Divine Emotion“ ist so etwas wie erwachsener Gothpop mit spannenden Streichern und überraschend viel Drama. In eine ähnliche Kerbe schlagen „A Troubled Mind“, das DEPECHE MODEeske „My Only Escape“, das gegen Ende immer rockiger und ausladender, aber auch irgendwie träger wird, und „Instinct“, das als fast Clubhit taugen könnte, aber etwas zu simpel geraten ist, um zu begeistern. „Hiding From Tomorrow“ bringt dann Gothrock per excellence und überrascht mit seiner Energie ebenso, wie das brodelnde „Years Of Suspicion“, das mit unerwarteten Details wie der einen oder anderen FIELDS OF THE NEPHILIM-Verneigung aufwartet. „Inquisition“ mit seiner brodelnden Atmosphäre und das FLOCK OF SEAGULLS-Cover „I Ran“ runden das Album souverän ab.

Viele starke Songs und ein großer Hit: Auf „IX“ dürfen HOST ohne Leistungsdruck komponieren und mit der Musik spielen.

HOST landen mit ihrem Debüt also im Spannungsfeld zwischen Pop und Experiment. Da sie so frei von Erwartungen an das Songwriting gehen konnten, funktioniert das Vorhaben auch größtenteils – und das, obwohl kein zweiter, wirklicher Hit auf „IX“ zu finden ist. Sei es drum, Holmes und Mackintosh sind und bleiben die Bud Spencer und Terence Hill der Düstermusik und zeigen sich auch nach so vielen Jahren noch frisch und schlagkräftig. Wer es schon immer schade fand, wie sich PARADISE LOST ab Anfang der 2000er entwickelten, den „Host“-Zeiten berechtigterweise (!) hinterher trauert oder das Album erst recht spät entdeckte, bekommt einen spannenden Nachschlag mit starken Songs zu hören. Da ist es egal, dass es kein ähnlich kontroverses und somit charakteristisches Werk wie „Host“ geworden ist. Ob „IX“ ebenso gut altern wird, darf auch vorsichtig bezweifelt werden. Immerhin ist die Zeit, in der die Zähne eines Nick Holmes knirschen, weil sich dies und das im Metal nicht gehört, weitgehend vorbei.

Wertung: 8 von 10 Filmnächte mit „Vier Fäuste für ein Halleluja“

VÖ: 24. Februar 2023

Spielzeit: 42:03

Line-Up:
Nick Holmes – Vocals
Greg Mackintosh – Guitars, Synths & Programming

Label: Nuclear Blast Records

HOST „IX“ Tracklist:

1. Wretched Soul
2. Tomorrow’s Sky (Official Video bei Youtube)
3. Divine Emotion
4. Hiding From Tomorrow (Official Video bei Youtube)
5. A Troubled Mind
6. My Only Escape (Official Lyric-Video bei Youtube)
7. Years Of Suspicion
8. Inquisition
9. Instinct
10. I Ran (FLOCK OF SEAGULLS-Cover)

Mehr im Netz:

https://officialhost.co.uk/
https://www.facebook.com/officialhostuk/
https://www.instagram.com/officialhostuk/
https://twitter.com/officialhostuk

Categories
Uncategorized

DANAVA: neues Album “Nothing But Nothing” am 28. April 2023

Die Hard Rock-Band DANAVA hat eine neue Single veröffentlicht: “Let The Good Times Kill” steht u.a. via YouTube als Stream bereit.

Es handelt sich bei dem Track um den ersten Vorgeschmack auf das neue Album “Nothing But Nothing”, das insgesamt acht neue Stücke enthält und am 28. April 2023 via Tee Pee Records auf Vinyl sowie digital erscheinen wird.

DANAVA “Nothing But Nothing” Tracklist

1. Nothing But Nothing
2. Let the Good Times Kill (Audio bei YouTube)
3. Season of Vengeance
4. Enchanted Villain
5. At Midnight You Die
6. Strange Killer
7. Nuthin But Nuthin
8. Čas

Categories
Uncategorized

ULTHAR: Anthronomicon

Die Traumlande rufen wieder nach Unerschrockenen, die sich kosmischen Absonderlichkeiten stellen. Schon wieder, muss man fast sagen. Es ist ja nicht so, dass es einen Mangel an Bands mit Lovecraft-Thematik gibt, allein mit dem Namen ULTHAR, je nach nekronomischer Rechtschreibreform mal mit und ohne „h“, respektive „r“ sind da einige Kandidaten aktiv. Immerhin, die großen Alten würden am ehesten diese Band hier hören. Warum? „Anthronomicon“ ist ein komplexes und anachronistisches Death Metal-Album, das durchaus den Wahnsinn atmet. Das Trio der US-Westküste zeigt handwerkliche Stärke und verbindet das Flair der alten Schule mit der technischen Finesse von Bands, des neuen Jahrtausends.

Vor allem beim Erstkontakt mit ULTHAR dauert es ein wenig, bis sich das Publikum an den Stil des Trios gewöhnt. „Anthronomicon“ geht in medias res und bringt mit thrashigen MORBID ANGEL-artigen Riffs, die heutzutage in dieser Form höchstens noch von SIJJIN so überzeugend gespielt werden, eine starke Basis mit, die durch die bizarren Songstrukturen in Formen gepresst werden, die gut durch das chaotische Artwork repräsentiert werden. Es gibt somit kaum Ruhepausen auf dem dritten Album ULTHARs, hier und da sind atmosphärische Outros oder kurze harmonische Stellen, alles wird aber sogleich wieder durch das beherrschte Chaos zermalmt.

Auf „Anthronimicon“ zelebrieren ULTHAR bizarren Death Metal mit dem Flair der alten Schule und der Finesse der Neuzeit. Ist das anstrengend? Na klar!

Und dann ist da diese Energie der frühen Neunziger. ULTHAR schaffen es, dass diese bizarren Songkonstrukte, die eigentlich verkopft klingen müssten, aus dem Bauch kommen. „Anthronimicon“ ist über weite Strecken geradezu entfesselt brutal. Wenig verwunderlich, dass sich immer wieder rasende Black Metal-Riffs einschleichen und die Songs noch unberechenbarer klingen lassen. In ihren besten Momenten sind ULTHAR das, was man sich unter einem Speed-Dating-Event von BLOOD INCANTATION mit DEIMILICH, neueren GORGUTS und VENENUM vorstellen darf.

Somit ist es relativ sinnlos, die acht Songs einzeln zu betrachten. Viel mehr ist „Anthronomicon“ eine große Symphonie des Wahnsinns. Immerhin, die thrashigen Riffs in „Flesh Propulsion“ und „Cultus Quadrivium“ stechen ebenso hervor wie die schwindelerregende Finali von „Cuagulation Of Forms“ und „Larynx Plateau“, bei denen sich zwei kranke Riffs nicht nur abwechseln, sondern auch abwürgen. Glücklicherweise ist das Soundbild sehr old-school und damit auch relativ transparent, egal wie schmutzig der Gitarrensound auch klingen und mit wie viel Hall die Drums auch versehen sein mögen. Der Bass dankt es, denn somit gehen die irren Basslinien nicht unter.

ULTHAR verweigern sich der Konsensmusik: „Anthronomicon“ ist definitiv kein Easy Listening.

Auch wenn „Anthronomicon“ Death Metal nach meinem persönlichen Geschmack ist, ein derart überbordendes Album benötigt Zeit und Energie. Es stellt schon eine Hemmschwelle dar, ULTHAR die Aufmerksamkeit zu schenken. Und für jede Gelegenheit sind ULTHAR auch nicht die richtige Band. Doch wenn sich diese Musik erstmal im Hörer richtig manifestiert hat, bleibt die Faszination bestehen. Und genau das zeichnet diese Musik doch letzten Endes aus – Death Metal soll alles, nur keine Konsensmusik sein. Vermutlich gilt das auch für das parallel erscheinende Album „Helionomicon“, das mit zwei 20minütigen Songs nicht gerade für simple Kost sorgen wird. Für den nächsten Roadtrip durch die Traumlande, empfiehlt sich dieses Album also zweifellos, zumindest für diejenigen, die ihren Death Metal am liebsten bizarr mögen.

Wertung: 6,5 von 8 Sternengezüchte

VÖ: 17. Februar 2023

Spielzeit: 40:55

Line-Up:
Steve Peacock – Bass, Vocals
Shelby Lermo – Guitars, Vocals
Justin Ennis – Drums

Label: 20 Buck Spin

ULTHAR „Anthronomicon“ Tracklist:

1. Cephalophore
2. Fractional Fortresses
3. Saccades (Official Audio bei Youtube)
4. Flesh Propulsion
5. Astranumeral Octave Chants (Official Audio bei Youtube)
6. Coagulation Of Forms
7. Larynx Plateau
8. Cultus Quadrivium

Mehr im Netz:

https://www.instagram.com/ulthar_oakland/
https://www.facebook.com/people/Ulthar/100063748920083/

Categories
Uncategorized

HÄXANU: Totenpass

Lichtmess ist vorbei, nun dauert es noch knapp zwölf Wochen bis zur nächsten großen Party auf dem Blocksberg, doch für HÄXANU ist jede Nacht im Jahr eine Walpurgisnacht. Schon das starke Artwork zu „Totenpass“, dem zweiten Album des US-Duos zeigt, dass sich die Naturgeister vor den Scheiterhaufen der Witchfinder Generals allerorten unbeeindruckt zeigen. Und diese Energie nehmen HÄXANU musikalisch auf. Immerhin, mit Multiinstrumentalist A.P. alias Tausendsassa Alex Poole, der unter anderem mit SKAPHÉ, CHAOS MOON, KRIEG, MARTRÖÐ, GARDSGHASTR und GUÐVEIKI einige sehr starke Eisen im Feuer hat, kann ja praktisch nichts schiefgehen.

„Totenpass“ ist ein ausgewogenes Album: HÄXANUs Variante des Black Metal ist sowohl aggressiv als auch atmosphärisch und melodiös.

Dass HÄXANU auch dem Black Metal frönen, ist somit nicht verwunderlich, doch die Ausrichtung lässt dann doch aufhorchen. „Totenpass“ ist ein eher klassisches Album, das sich von den teils enorm verstörenden Projekten Pooles abhebt. Relevant sind die fünfundvierzig Minuten dennoch: HÄXANU finden genau die richtige Mischung aus Atmosphäre, Harmonie und Aggression und bilden ein vollmundiges Black Metal-Album. Die Songs sind durch das schnörkellose Drumming sehr tight und gehen der prägnanten Riffs und Melodien wegen auch gut ins Ohr. Dass dazu Keyboards der alten Schule die teils überlangen Kompositionen auflockern, ist unaufdringlich und klingt nicht nach verkrampfter Verneigung vor der zweiten Black Metal-Welle.

Nach dem Akustikintro „Θάρσει“ beginnt der Hexentanz, der sich durch abwechslungsreiches Songmaterial in Bezug auf Länge auszeichnet. Mit „Death Euphoria“ und „Ephòdion“ gibt es kompakte, brutale Stücke, während das 14-minütige Doppel „Thriambus“ und „Threnoidia“ ausladend und episch, aber nicht weniger furios ist. Ein wenig ermüdend wird es nur bei „Sparagmnos“, denn hier drücken HÄXANU das Gaspedal ein wenig zu lange durch. Ganz am Ende steht mit dem Titeltrack dann ein beinahe cineastisches Stück, das die Geschwindigkeit etwas reduziert, aber ebenso mitreißt und das Zweitwerk des Duos versöhnlich enden lässt.

HÄXANUs Stücke funktionieren vor allem durch das Songwriting: „Totenpass“ ist eine kurzweilige Dreiviertelstunde zeitlosen Black Metals.

Dass HÄXANUs Variante des Black Metal funktioniert, ist vor allem dem sorgfältigen, aber doch impulsiven Songwriting geschuldet, somit ergeben sich kaum Längen. Auch L.C.s Geschrei ist über die Länge von „Totenpass“ nicht eintönig und bringt etwas mehr Variation mit, als zu vermuten war. „Totenpass“ hätte vielleicht drei statt zwei Interludes zum Durchschnaufen vertragen, ansonsten ist das Album recht ausgewogen, auch in Bezug auf den Klang: Das Soundbild ist ebenso wuchtig wie zeitlos mit einem starken Gitarrensound. „Totenpass“ ist also nicht eindimensional, nicht platt und kitschig und schon gar nicht langweilig, sondern ein sehr solider, zeitloser Genrebeitrag. Und bis zur kommenden Walpurgisnacht hat sich „Totenpass“ vermutlich noch nicht abgenutzt.

Wertung: 6 von 8 Teufelsbuhlschaften

VÖ: 7. Februar 2023

Spielzeit: 45:21

Line-Up:
A.P. – Instruments
L.C. – Vocals

Label: Amor Fati

HÄXANU „Totenpass“ Tracklist:

1. Θάρσει
2. Death Euphoria (Official Audio bei Youtube)
3. Thriambus
4. Threnoidia
5. Sparagmos
6. Ephòdion (Official Audio bei Youtube)
7. οὐδεὶς ἀθάνατος
8. Totenpass

Mehr im Netz:

https://amorfatiproductions.bandcamp.com/album/h-xanu-totenpass

Categories
Uncategorized

FOGOS: Corpses And Ashes [Eigenproduktion]

Hier gibt es Neues für die Komfortzone von Black Metal-Traditionalisten – garantiert frei von unliebsamen Überraschungen. Beweis gesucht? Am Meisten verwundert an FOGOS, dass sie auf ihren Fotos kein Corpsepaint tragen. Die frisch gegründete, aus Szeneveteranen bestehende Band spielt klassischen Black Metal, der eigentlich nach jede Menge Make-up schreit – doch FOGOS präsentieren sich auf ihren Bandfotos eher als die stiefeltragenden Dudes aus der Nachbarschaft. Dass „Corpses And Ashes“, das Debütalbum der Spanier, so grimmig und angriffslustig klingt, ist schon fast ironisch.

Mal schnell, mal sehr schnell, mal etwas weniger schnell: FOGOS präsentieren sich auf „Corpses And Ashes“ schnörkellos und brutal.

Mit klirrenden, rasiermesserscharfen Riffs, verneigen sich FOGOS vor der traditionellen skandinavischen alten Garde wie DARK FUNERAL, 1349 und GORGOROTH, lassen aber auch hier und da ein wenig MARDUK erahnen. Ohne Atempause rasen FOGOS durch ihre zehn Stücke, mal schnell, mal sehr schnell, mal etwas weniger schnell. Symphonische Elemente müssen draußen bleiben, „Corpses And Ashes“ überwältigt mit roher Gitarrenkraft und gibt die frostige Stimmung kohärent wieder. FOGOS lassen nicht anmerken, dass es sie erst seit einem Jahr gibt, „Corpses And Ashes“ klingt absolut abgeklärt und kompromisslos. Dass die Musiker selbst Szeneveteranen sind, wundert nicht – technisch passt an diesem Debüt alles.

„Corpses And Ashes“ hat einige starke Momente, aber über die ganzen 45 Minuten hinweg reißt das Album dann doch nicht mit. Dafür ist es zwischendurch mal zu beliebig, mal zu erzwungen, mal zu monoton. NARBELETH oder CULTUS PROFANO schaffen es besser, über die gesamte Spielzeit die Spannungskurven zu halten. Dann gibt es aber Riffs, wie in „Keres“, „Caronte“ oder „Eidolon“, die in ihrer rohen Simplizität schlicht brillant sind und mit punkiger Verve die Black Metal-Prügelei auflockern. Hiervon dürfte es gerne mehr geben. FOGOS beherrschen ihr Handwerk und können gute Songs schreiben, doch vielleicht hätte sich die Band aus Barcelona für ihr Debüt etwas mehr Zeit nehmen müssen und nach strengeren Kriterien schwächeres Material aussieben müssen.

„Corpses And Ashes“ ist ein solider Genrebeitrag – doch FOGOS schaffen es nicht, Längen und Eintönigkeit gänzlich zu vermeiden.

Der Fährmann auf dem Artwork ist eher gemächlich unterwegs, FOGOS erfreuen sich eher an Geschwindigkeit. Grimmige griechische Mythologie und gelegentliche Ausrutscher ins Lateinische machen das mythologische Potpourri dann perfekt. Kurz: „Corpses And Ashes“ ist ein humorloses, brutales Black Metal-Album, ein solider, insgesamt wenig aufregender Genrebeitrag und macht größtenteils Spaß, hat aber auch mit gewissen Längen und Eintönigkeit zu kämpfen hat. Im Auge sollte man FOGOS indes behalten, Talent und Wille sind gegeben. Und so, wie es den vier Musikern pressiert, kommt da sicherlich schon bald etwas nach.

Wertung: 6 von 10 Bootsmotoren

Spielzeit: 29. Juli 2022

Spielzeit: 46:15

Line-Up:
The Butcher – Bass
Croma Lan Ro – Drums
Kerberos – Guitars
Saten Haz Im Nu – Vocals

Label: Eigenproduktion

FOGOS „Corpses And Ashes“ Tracklist:

1. Akheron
2. Keres
3. Dysnomia
4. Mortis
5. Khione
6. Caronte
7. Exis
8. Nyx
9. Deimos
10. Eidolon

Mehr im Netz:

https://fogosofficial.bandcamp.com/
https://www.instagram.com/fogos_official/
https://www.facebook.com/Fogos.official

Categories
Uncategorized

MISþYRMING: Með hamri

Egal wie sehr man versucht, das Richtige zu tun, sich anständig zu verhalten, wie brav, anständig und angepasst man auch sei, es wohnt ein Teil in uns, der gerne brutal und barbarisch ist – der Mensch ist eben eine komplexe Persönlichkeit, die gern den Deckel drauf hält. Die nette Yogalehrerin von nebenan, die sich in der Pandemie als antisemitische Impfgegnerin präsentiert, der biedere Bankangestellte, der seine Familie misshandelt, und so weiter. Dann lieber bewusst das Tier heraus lassen, dem Schatten eine Gestalt geben und ihn loslassen auf die Welt. Mit einem Hammer. MISþYRMING machen vor, wie man die Moral hinter sich lassen kann und die Welt ohne Reue in Trümmer legt. Das bedrohliche Gebäude auf dem Cover spricht Bände: Hier wird unserer Zivilisation und Scheinmoral der Prozess gemacht.

Bis an die Zähne bewaffnet und voller Energie: Mit „Með hamri“ spucken MISþYRMING der Szene ins Gesicht.

„Með hamri“ fühlt sich befreiend an, weil es keinen Deut von der eigens gesteckten Prämisse zurückweicht. Dabei tritt das Album in große Fußspuren. „Algleymi“, das vor dreieinhalb Jahren veröffentlichte Zweitwerk MISþYRMINGs, ist mittlerweile ein moderner Klassiker und hat die Band zurecht an die Spitze des  zeitgenössischen Black Metal gehievt, nachdem das Debüt „Söngvar elds og óreiðu“ Island zu einem Big Player in der Black Metal-Szene machte. Es dürfte ein gewisser Druck auf Songschreiber und Frontmann D.G. gelegen haben. Dieser antwortet aber auf ganz schnörkellose Weise: Er spuckt der Szene voll Abscheu ins Gesicht.

Der charakteristische Sound, den MISþYRMING schon in frühem Stadium entwickelt haben, wird deutlich erweitert. Der Titelsong startet thrashig, chaotisch und pfeilschnell. Das irritiert für eine Minute, aber dann sind da diese unfassbar starken Riffs, diese Aggression, diese Wildheit, die Unzähmbarkeit, die schnell anstecken. Egal, dass das nicht der originellste Opener ist und FUNERAL MIST hier Pate standen – „Með hamri“ beginnt furios. MISþYRMING schreiben generell exzellente Riffs, die begeistern. Der Spagat zwischen Chaos und Eingängigkeit, der hier so mühelos klingt, ist eigentlich harte Arbeit. Die initialen Songideen potenzieren sich in ihrer Wucht und Heaviness und sorgen so dafür, dass sich die Songs immer weiter in den Wahnsinn schrauben – bis sie schier abreißen. Gleichzeitig beherrschen MISþYRMING gekonnt die nötigen Spannungsbögen, um zu verhindern, dass das Material abstumpft. Gerade das abschließende „Aftaka“ ist hier ein Musterbeispiel: Schweißtreibend und hochaggressiv einerseits, dann wieder durchzogen von großen Momenten und Gesten.

Klare Songstrukturen, Chaos, ein wenig Experimentierfreude: MISþYRMING erschaffen mit „Með hamri“ ein ganzheitliches, vielschichtiges Hörerlebnis.

„Með hamri“ braucht dabei keine zig verschiedenen Riffs und Ideen pro Song, viel mehr dürfen sich die Stücke dynamisch und natürlich aufbauen. Dabei hat jedes von ihnen seinen eigenen Charakter. Schon nach dem Titelsong wird es langsamer, aber nicht weniger treibend. Man könnte versucht sein, „Með harmi“ als Verneigung vor BATHORY oder PRIMORDIAL aufzufassen – MISþYRMING wie eine Armee über den Hörer und haben nebenbei ein Gespür für grandiose Leadgitarren. Auch „Engin vorkunn“ genügt ein Midtempo-Riff, das ins Schwarze trifft, um konsequent umzuhauen. Am schönsten verbinden MISþYRMING allerdings ihre verschiedenen Facetten auf „Engin miskunn“, das wie eine straighte Version neuerer DEATHSPELL OMEGA klingt und dies mit der Catchyness von MGLA verbindet. Dass dazwischen dröhnende Synthesizer wie die Trompeten alttestamentarischer Heerscharen die Musik unterstreichen und noch bedrohlicher werden lassen, sorgt dafür, dass diese Musik durch Mark und Bein geht.

Generell haben MISþYRMING auch Freude am kleinen Experiment. Synthesizer und Interludes erweitern die Songs, sorgen für Atmosphäre und dafür, dass die Musik nicht nur wie ein tollwütiges Tier die Hörer anspringt, sondern auch, dass ein kalter Schauer über den Rücken läuft. Besonders wirkungsvoll: Der Chor am Ende von „Blóðhefnd“. Die Band selbst agiert tighter als noch auf „Algleymi“, vor allem der neue Drummer M.S. leistet ausgezeichnete Arbeit. Und mit D.G. ist eine charismatische, hochintensive Stimme in der Band. Daraus wird etwas Ganzheitliches: bei „Með hamri“ stimmen die Einzelteile und auch die Summe des Ganzen.

Musik für den Schatten: MISþYRMING zielen mit ihrem dritten Album „Með hamri“ auf die dunkle Seite der Seele ihrer Hörer.

Ein Teil des Menschen ist ein blutrünstiges Tier, das normalerweise weggesperrt ist. Das hat natürlich seine Vorteile, ansonsten gäbe es keine funktionierende Gesellschaft. Das ist ein weiterer Grund, warum „Með hamri“ so guttut: Hier trifft kalte Ratio auf leidenschaftliche Wut, auf Raserei, auf das Unangepasste und zielt genau auf die dunkle Seite der Seele der Hörer ab. MISþYRMING anno 2022 sind der Schatten, in dem eine Kraft wohnt, die kaum beherrschbar ist. Diese Kraft ist viel von dem, das eigentlich abzulehnen ist, aber doch da ist – ob man will oder nicht. „Með hamri“ ist somit viel mehr ein Annehmen von allem, was da ist – vor allem der dunklen Energie. Die Ironie hier ist, das MISþYRMING in letzter Konsequenz fast schon in Richtung Achtsamkeit vordringen, oder aber zumindest mehr Offenheit für alles zeigen, als diejenigen, die ihre Moral über alles stellen.

Neben der mitreißenden Musik, überraschen MISþYRMING also auch mit einer Metaebene, die das Zerstörerische und Ungezähmte im Black Metal in ein völlig anderes Licht rücken. Das gibt es in diesem Genre wirklich selten. „Með hamri“ geht somit absolut unter die Haut, ist äußerst kurzweilig, wuchtig und lebendig produziert, hat einen bemerkenswert aggressiven Gitarrensound und wird durch das furchteinflößende Artwork von Manuel Tinnemans abgerundet. MISþYRMING sind gefährlich und boshaft – genau deshalb wirkt „Með hamri“ so unglaublich gut und ist gleichzeitig so verführerisch und bleibt beim Publikum auch nach einem guten Dutzend Durchläufen haften. Ganz groß!

Wertung: 5,5 von 6 Exekutionen

VÖ: 16. Dezember 2022

Spielzeit: 43:34

Line-Up:
D.G. – Guitars, Vocals, Piano and Electronics
T.I. – Guitars, Backing Vocals
G.E. – Bass, Backing Vocals
M.S. – Drums

Label: Norma Evangelium Diaboli

MISTYHRMING „Med Hamri“ Tracklist:

1. Með hamri
2. Með harmi
3. Engin miskunn
4. Engin vorkunn
5. Blóðhefnd
6. Aftaka

Mehr im Netz:

https://misthyrming.bandcamp.com/
https://www.facebook.com/Misthyrming
https://www.instagram.com/Misthyrming/

Categories
Uncategorized

DØDSENGEL: Bab Al On

Ich gestehe: Als Kind musste ich oft in die Kirche, und jetzt, da ich selbst Kinder habe, merke ich auf einer weiteren Ebene, was das für ein Wahnsinn war. Die Zeremonien der katholischen Kirche sind nicht gerade menschen-, geschweige denn kindgerecht – sowohl inhaltlich als auch in Bezug auf Aufbau und Spannungsbögen. Eine Zeremonie sollte etwas Heiliges verströmen, uns an etwas anbinden, das größer ist als wir selbst. Stattdessen ist eine sogenannte heilige Messe nichts als tumbes Runterbeten von auswendig gelernten Befehlen. Kein Wunder, dass normale Kinder dort nach fünf Minuten anstrengend werden.

Dabei sehnen sich viele Menschen doch danach, angebunden zu sein zu etwas Höherem, das erfüllt das Sein mit Sinn. DØDSENGEL haben das begriffen und setzen dies auf ihrem fünften Album besser um, als je zuvor in ihrer Karriere. „Bab Al On“, eine Hommage an die gleichnamige Göttin, obwohl natürlich ein zutiefst okkultes Album, verströmt etwas Großes. Gleich vorweg: Es hat gefühlt ewig gedauert, bis ich in dieses Werk eintauchen konnte. Es ist komplex, groß, vielschichtig, sperrig, ausufernd, eben nicht für diejenigen, die Musik gerne nebenbei konsumieren. Und gerade gegen Ende des Jahres, wenn die Konsumenten wegen drohender AOTY-Listen mit ihrer eigenen FOMO kämpfen, ist die eingehende Beschäftigung mit so einem Album schwerer als sonst.

„Bab Al On“ verlangt Hingabe: DØDSENGELs Hommage an die thelemische Göttin ist komplex und überbordend.

Aber: Es lohnt sich. Und es lohnt sich, andere Musik liegen zu lassen und in diesen Kosmos einzutauchen. Denn „Bab Al On“ deckt ein riesiges Spektrum ab, das andere nicht so ohne Weiteres vermengen würden. Wie bereits angedeutet, DØDSENGEL sind eher Zeremonienmeister als nur eine einfache Band. Es ist vermutlich verfrüht das zu behaupten, aber „Bab Al On“ wirkt wie ein Bruder im Geiste zu „Monotheist“ von CELTIC FROST. Auch hier trifft das Rituelle, Mystische, Introvertierte auf extremen Metal. Und generell werden auch stilistisch immer wieder Erinnerungen an die Schweizer Pioniere bewusst.

Die beiden Bandmitglieder Kark und Malach Adonai haben für „Bab Al On“ eine klare Vision, und sie ist ganzheitlich in deren Kontrolle. Fünf Jahre nach dem starken „Interquinox“ gehen DØDSENGEL keine Kompromisse ein. Die Black Metal-Komponente der Musik biedert sich keiner aktuellen Strömung an, kalte Brutalität oder rohes Material bleibt außen vor, viel mehr setzt „Bab Al On“ auf relativ einfache, aber effektive Riffs und setzt eher Altbewährtes frisch um. Es verwundert somit nicht, dass „Ad Babalonis Amorem Do Dedico Omnia Nihilo“, „In The Beginning“ und „Hour Of Contempt“ sehr eingängig und energetisch sind und dennoch nicht als Hits herausstechen. „The Lamb Speaks“ und „In The Heart Of The World“ präsentieren eher die ausladende, epische und hypnotische Seite von „Bab Al On“, und die ist es, die auch am ehesten in Erinnerung bleibt, weil DØDSENGEL hier so unvergleichlich ihre Kraft bündeln.

Gerade die epische Seite von „Bab Al On“ beeindruckt – und doch haben DØDSENGEL auch ein Händchen für eingängiges Material.

Das wird verbunden durch die choralen Elemente in „Annihilation Mantra“, „Angus dei“ und „Dies Irae“. Diese dritte Seite des Albums nimmt überraschend viel Raum ein, auch wenn sich DØDSENGEL nur auf Atmosphäre und Gesang konzentrieren. Und hier zeigt sich auch ganz klar die Stärke von „Bab Al On“: Kark ist nicht nur ein talentierter Komponist in Bezug auf Riffs, seine Stimme ist wahnsinnig vielseitig, entsprechend scheut er sich nicht, viel auf Klargesang zu setzen und erzeugt so einige Gänsehautmomente. Im extremen Spektrum ist da alles von fiesem Geschrei hin zu tiefen Growls und Tom G. Warrior-Gebrüll, und DØDSENGEL binden intuitiv das ein, was der Song gerade braucht.

Somit ist es auch beeindruckend, sich in Gedächtnis zu rufen, dass hier nur zwei Musiker zu hören sind. „Bab Al On“ überrascht in allen elf Stücken, und das immer wieder aufs Neue. So vielschichtig und tief ist das Album komponiert und mit einer wirklich starken Dramaturgie ausgestattet. Und es ist wirklich sehr erschöpfend, durch die Länge und diese ganzen Facetten. Vielleicht ein wenig zu sehr, denn es kostet jedes Mal aufs Neue Überwindung und Mut, sich auf DØDSENGELs fünftes Album einzulassen und ihm zu folgen. Der theatralische Überbau, den das Duo zeremoniell darbietet, ist stellenweise vielleicht auch ein wenig zu viel des Guten und gegen Ende verlieren sich DØDSENGEL in ihrer eigenen Vision – aber dieses ganz subjektive Gefühl hatte ich bei „Monotheist“ zunächst auch.

Eine starke Dramaturgie und eine exzellente Gesangsperfomance zeichnet „Bab Al On“ aus.

Dennoch ist „Bab Al On“ ein mächtiges Album, das eine gänzlich andere Seite des okkulten Black Metal zeigt. Wem es in diesem Kontext nach mehr Aggression und Wildheit dürstet, hat mit „Gehinnom“ von GEVURAH jüngst das passende Gegenstück bekommen. Wer Zeit und Ausdauer mitbringt und ein Album sucht, das die Zeit anhält und es schafft musikalisch und visuell, einen ganz eigenen Raum zu entfalten, wird hier definitiv fündig.

Wertung: 8 von 11 Liturgien

VÖ: 16. Dezember 2022

Spielzeit: 72:11

Kark – Vocals, Guitars, Bass
Malach Adonai – Drums

Label: Debemur Morti Productions

DØDSENGEL „Bab Al On“ Tracklist:

1. Ad Babalonis Amorem Do Dedico Omnia Nihilo (Official Audio bei Youtube)
2. In The Beginning
3. Annihilation Mantra
4. Waters Of Unravelling
5. Bursting As Boils From The Backs Of Slaves
6. The Lamb Speaks
7. Agnus dei
8. Hour Of Contempt
9. In The Heart Of The World (Official Audio bei Youtube)
10. Dies Irae
11. Abomination Gate

Mehr im Netz:

https://dodsengel.bandcamp.com/
https://www.instagram.com/dodsengel_official/

Categories
Uncategorized

TERRIBLE SICKNESS: Flesh for the Insatiable

Es ist ja schier unglaublich, aber die Nahrungsquellen für die unersättlichen Death Metal-Freaks scheinen niemals zu versiegen. Neue Fleischspenden gibt es dank “Flesh for the Insatiable”, dem dritten Album von TERRIBLE SICKNESS. Dabei ist der Death Metal der Niedersachsen auch mit einem Hauch Grindcore – oder anhand der Thematik Goregrind – versehen.

Groove profitiert von der TERRIBLE SICKNESS- Zielstrebigkeit

À propos Goregrind: so sehr man das Album oder auch den Video-Clip zu “Winds Of Extinction” mit einem Augenzwinkern wahrnimmt, so humorlos und geradezu nüchtern wirkt das Album als musikalisch Ganzes. Das liegt daran, dass die 2010 gegründete Band kompositorisch sehr straight und zielstrebig agiert. Davon profitiert vor allem der Groove, den das Album sein Eigen nennen kann. Der Opener “Carnage”, das angesprochene “Winds of Extinction” und das mit guter Lead-Gitarren-Arbeit versehene “Slaves to Decay” machen diesbezüglich eine recht gute Figur.

“Flesh for the Insatiable” stellt sich der internationalen Konkurrenz

Nur selten geht es auf “Flesh for the Insatiable” schleppender dahin (“Crown of Discreation”). Zumeist geben TERRIBLE SICKNESS ganz gut Gas. Neben der grundsoliden Prügelei (“Voracious Persecutor”) und dem Snare-Bashing (“Carnage”), überzeugt Drummer Peter Heitzer aber auch mit so manchem interessanten Rhythmus-Einfall (“Living Disembowelment”). Hinzu kommt eine trockene Produktion, welche die angesprochene (musikalische) Humorlosigkeit unterstützt. Somit haben wir es (wieder einmal) mit einem recht guten Death Metal-Album aus deutschen Landen zu tun, das sich vor der internationalen Konkurrenz nicht zu verstecken braucht. Ab an den Futtertrog also…

Veröffentlichungstermin: 18.11.2022

Spielzeit: 37:55 Min.

Line-Up:
Florian – Gesang
Karsten – Gitarre
Jens – Gitarre
Eike – Bass
Peter – Schlagzeug

Produziert von Emil Richters @ Audiobeast Studio

Label: Black Sunset/MDD

Mehr im Netz: https://www.terrible-sickness.de
Mehr im Netz: https://terriblesicknessofficial.bandcamp.com
Mehr im Netz: https://www.facebook.com/TerribleSickness.Official

TERRIBLE SICKNESS “Flesh for the Insatiable” Tracklist

01 Carnage
02 Living Disembowelment
03 Winds of Extinction (Video bei YouTube)
04 Crown of Discreation
05 Slaves to Decay (Lyric-Video bei YouTube)
06 Bloody Guts
07 Dethroned Immortality
08 Revenge
09 Voracious Persecutor
10 Putrid Infection
11 Feeding Fatal Fairies (DEFLESHED Cover)